Wohl kaum eine der Schülerinnen, die im Juli die
Abschlusspräsentationen zu ihren Seminarkursthemen hielten, hätte bei
der Themenwahl vor einem Jahr erwartet, welche Aktualität und
welcher mitunter unmittelbarer Lebensbezug ihrem Thema bis dahin
zukommen würde.
Anders als in den Vorjahren konnten die Präsentationen aufgrund der
Maßnahmen rund um Covid 19 in diesem Jahr nicht vor den Elftklässlern,
sondern lediglich vor den Kursteilnehmern und einigen interessierten
Lehrern als Publikum dargeboten werden. Diese reduzierten Umstände
hielten die Schülerinnen aber nicht davon ab, dennoch alles an
Präsentationsmöglichkeiten aufzufahren und durch den Einsatz von
Powerpoint, Plakaten und Gegenständen ihr Thema lebendig und mitreißend
an die Zuhörer zu bringen! Wenn in diesem Jahr also auch ein echtes
Publikum fehlte – der Enthusiasmus und die Begeisterung für das eigene
Thema taten es ganz bestimmt nicht!
Den Anfang in die Präsentationsreihe machten Lara Sommer und Maja
Kirchdörfer zu Fragen rund um den Bereich Sterbehilfe, die durch das
Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Frühjahr 2020 in Form
„geschäftsmäßiger Hilfe zur Selbsttötung“ in Deutschland mittlerweile
erlaubt ist. Dass Sterbeberatung und -begleitung in Zeiten der
Corona-Krise für manch einen eine plötzliche Relevanz erlangen könnten,
war den beiden Referentinnen dabei besonders wichtig zu erwähnen.
Ihr ausgefeiltes naturwissenschaftliches Know-how konnte Chenoa Glemser
in ihrem Vortrag zur molekularbiologischen Methode CRISPR/Cas unter
Beweis stellen. Ausgehend von einem kurzen Ausflug in die Grundlagen
der Gentechnik erklärte sie ihren Kursmitstreiterinnen anhand
bildhafter Beispiele, inwieweit das Verfahren zur Modifizierung von
DNA-Sequenzen funktioniert und auch bereits Anwendung findet. Dass das
Verfahren absolut zukunftsweisend ist, unterstrich die Vortragende
durch den Verweis auf COVID-19: Unter dem Namen “StopCovid“ soll die
Genschere dazu eingesetzt werden, schnell und einfach einen Nachweis
auf das Corona-Virus zu liefern.
Wer hätte gedacht, dass gentechnische Verfahren so packend sind!
Paula Giehl und Kamila Jaworska lieferten in ihrer Präsentation einen
eindrucksvollen Überblick über verschiedene Werbeverfahren und
hinterfragten, inwieweit sich Konsumenten von den Strategien der
Werbeindustrie bei ihrem Kauf beeinflussen oder sogar manipulieren
ließen: Wähle ich Cola anstelle Pepsi, weil sie so gut schmeckt oder
weil ich mit dem Griff zu dieser Flasche ein durch die Werbung
geschaffenes gutes Gefühl assoziiere?
Aber nicht nur am Beispiel von COVID-19 wurde die Aktualität der
präsentierten Inhalte greifbar. Lorena Elser stellte in ihrer
Präsentation das Leben und Werk des brasilianischen Theatermachers
Augusto Boal vor und ging dabei auf die verschiedenen Formen des
Theaters der Unterdrückten ein. Dieses macht es sich zur Aufgabe,
Diskriminierung und Unterdrückung innerhalb der Gesellschaft
aufzudecken und durch gelebte Perspektivenwechsel Lösungsmöglichkeiten
aufzuzeigen. Ein Problem sei dabei, so die Schülerin, dass sich ein
Großteil unserer westlichen Gesellschaft davon oftmals wenig betroffen
oder angesprochen fühlt - denkt man, wenn man sich aber
beispielsweise die diesjährigen rassistischen und gewalttätigen
Ausschreitungen gegen Afroamerikaner in den USA in Erinnerung ruft, so
wird schnell klar, dass die von Boal bekämpften Formen der
Unterdrückung alle angehen.
Die Präsentationen fanden ihren Abschluss in einem 15-minütigen
Kolloquium mit Fragen rund um das eigene Thema und verschiedene
wissenschaftliche Arbeitsformen. Denn dazu soll der Seminarkurs letzten
Endes befähigen: zur Auseinandersetzung mit relevanten Themen und der
Kompetenz, diese fundiert zu recherchieren, inhaltlich zu reduzieren,
kritisch darzustellen und wissenschaftlich aufzubereiten. Dass durch
die erlangte Abschlussnote eine Abiturprüfung ersetzt werden kann, ist
dabei sicherlich mehr als nur ein schöner Nebeneffekt.
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